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Von Zitronen zur Limonade

Langsam läuft das Rad wieder ins andere. Nicht nur privat wird die To-Do-List kleiner, sondern auch mit den Pferden fassen wir wieder Fuss. Ich hatte vor ein paar Wochen einen üblen Sturz mit Bello. Ohne ersichtlichen Grund drehte er im Gelände komplett durch. Dreht auf dem Absatz um und bockte mich ab. Dies war das erste Mal, dass er mich abbockte. Ich denke, dass dies von meinem klemmenden Bein kam (mit Sporen). Weshalb er so reagierte? Ich habe ihn die vorherigen Ausritte zu viel getrabt und galoppiert. Ihm war es zu viel, obwohl ich alles am langen Zügel reite und ihn extra nicht „arbeite“. Trotzdem fand ich seine Reaktion mehr als unpassend. Immerhin landete ich in einem Güllefeld und konnte blind wie ein Maulwurf meine Brille darin suchen. Dieses Mal hat er mein Vertrauen gebrochen. Ja es ist ein Pferd. Ja er macht es nicht extra. Trotzdem – ich war gekränkt. Ich glaube, dass jeder von uns solche Situationen kennt. 

Anstatt das Problem direkt in Angriff zu nehmen, habe ich das Training wieder zurückgeschraubt. Er kam an der Hand mit ins Gelände. Meine Ferien folgten darauf. Daraufhin habe ich zu schnell das Training (war zu enthusiastisch) gesteigert. Bello benahm sich zwar immer. Jedoch zeigte er immer mehr Demotivation. Ich kann keine Freude am Reitsport finden, solange das Pferd diese nicht mir mir teilen kann. Seine Demotivation kroch wie ein lästiges Bakterium zu mir über. Ein paar Tage verstrichen. Auch als Handpferd zeigte er keinerlei Freude im Gelände. WELCHES PFERD MAG DAS NICHT? Ich konzipierte einen neuen belloischen Plan. Heute fruchtete dieser neue Plan endlich. Seine Motivation kehrte zurück. Sein Hinterbein fühlte sich auch endlich besser an. Ich begann mit knapp 20min Schrittarbeit, obwohl ich 20min mit ihm in die Halle spazieren musste. Nach einer gut ausgeführten Lektion und eifriger Mitarbeiter seinerseits – folgte ein Leckerlie. Es war ein Fehler meinerseits, dass ich zu schnell am Stand vor den Ferien anknüpfen wollte. Versteht mich nicht falsch – ich spreche hier nicht von 5d die Woche intensives Training. Ich ritt auch nur 30min pro Training (viel im leichten Sitz) und höchsten 2d/Woche. Doch Bello sieht die Welt anders als wir. 

Ich trauerte Welldone nach. Trauerte unseren fantastischen Zeiten nach. Er passte wie die Faust aufs Auge zu mir. Er sprach immer mit deutlicher Körpersprache zu mir. War unheimlich belastbar. Liebte das Springreiten und die Bodenarbeit. Ihm war nichts zu viel Arbeit – er brauchte nur Abwechslung. Doch hatte ich damals in meiner Jugend auch nicht das Wissen von heute. Vielleicht merkte ich auch weniger. Wir hatten ja auch schlimme Zeiten hinter uns mit dem Durchbrennen sowie wöchentlichen Stürzen. Jedoch fanden wir nach weniger als 2 Jahren zu uns und hatten jeden Tag eine wunderbare Zeit zusammen. Doch ist das eigentlich Hühnerkram. Wichtig ist die innere Einstellung. Ich könnte meine Pferde weggeben. Ein zu mir passendes Pferd kaufen. Finde ich eine legitime Entscheidung, solange das Wohl des Pferdes im Vordergrund steht. Doch sind nicht die herausfordernden Persönlichkeiten die beste Möglichkeit sich persönlich zu entwickeln? Unwichtig, ob Mensch oder Tier – durch diese Seelen öffnet sich der eigene Blickwinkel wie ein Fächer. 

Ich wurde mir wieder bewusst, dass sich immer jemand anpassen muss. Entweder passt sich das Pferd dem Reiter an oder umgekehrt. Würden wir Reiter von Anfang an lernen uns mehr dem Pferd anzupassen, dann wäre die Partnerschaft mit dem Pferd einfacher. Der Sport treibt uns an. Er verleitet uns zu egoistischem Ehrgeiz. Wir möchten mithalten. Ich wollte möglichst schnell, dass der rostrote Kugelblitz seine Kilos verliert. 

Bei Goldy war ich lockerer. Hielt mich strikt an mein ausgearbeitetes Training. Sein PSSM ist mir jederzeit bewusst. Nach 2 Wochen Schritt im Gelände zeigte er sich endlich wieder ausgeglichen. Dies ist immer ein Beweis für keine schmerzenden Muskeln. Die letzten zwei Tage haben wir bisschen getrabt. Anfangs war er im Schritt extrem vorhandlastig. Ich reite ihn nur am lockeren Zügel mit erhobenem Kopf. Mittlerweile trägt er sich schon viel besser. Dasselbe während den kurzen Trabstrecken. Schlussendlich liegt es an der mentalen Einstellung. Bei Goldy hatte ich kein Ziel, sondern wartete auf sein Zeichen ab. Bello wurde auch locker trainiert, aber ich verfolgte ein Ziel. Der nette Herr kann Ehrgeiz nicht ausstehen. Einmal „sauer“ – immer „sauer“. Diese kleine sture Zitrone.

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