Die Arbeit mit Pferden ist intensiv, emotional und lehrreich. Manche Dinge werden einem beigebracht und wiederum gibt es Themen, welche eigenständig in Erfahrung gebracht werden müssen. Viele Dinge wusste ich beim Einreiten von Goldy und doch war einiges ein Rätsel. Durch fehlendes Wissen begehen wir für Pferde einschneidende Fehler. Ich konnte Goldys Symptome bezüglich PSSM und den Magengeschwüren nicht zeitnah enträtseln. Ich bin mir bewusst, dass solche Fehler menschlich sind und niemand alles wissen kann. Dafür schäme ich mich auch nicht. Der Punkt ist, dass unsere Pferde daraus keinen Unterschied machen. Pferde verzeihen enorm viel, sogar bei massiven Misshandlungen schenken diese uns eine weitere Chance.
Goldy wuchs in einer in sich perfekten Fohlenaufzucht auf. Ab dem Einreiten fing seine heile Welt an zu bröckeln. Mit dem Training wurde sein PSSM getriggert und somit auch seine Magenschmerzen. Wer tat ihm das an? Ich. Er weiss, dass ich ihn schätze und respektiere. Dennoch nahm er meine negativen Gedanken über die Jahre war. Ich war hilflos, erschöpft und verlor meine Freude an der Arbeit mit ihm. Wie kann ein leidendes Pferd auch Freude bereiten? Ich bin ja kein Masochist. Diese Jahre haben Spuren bei ihm hinterlassen. Durch unsere Fortschritte im Bezug auf seine Gesundheit sowie Psyche kommen seine bisher von anderen Problemen überdeckten seelischen Verletzungen zum Vorschein.
Ich habe Goldy über Jahre nicht trainieren können. Nun können wir wieder Bodenarbeit machen ohne symptomatische Reaktionen hervorzurufen. Goldy war mit Abstand das bestausgebildete Pferd, welches ich je trainierte. Heute ist kaum noch etwas davon zu erkennen. Die letzten Wochen musste ich mit ihm Grundkommandos üben. Dies zeigt mir, dass unsere innige Beziehung in den letzten Jahren gelitten hat und nicht mehr dieselbe ist. Mich hat diese Tatsache beschäftigt und habe mir darüber Gedanken gemacht (Frau Laura Grüblerin). Der Punkt ist, dass diese Gefühle gegenseitiger Natur entsprangen. Goldy wurde frustriert. Ich wurde frustriert. Wir beide waren gleichermassen frustriert. Seit 7 Jahren habe ich die ersten „normalen“ Monate an einem Stück mit Goldy hinter mir. Während den ersten drei Monaten traute ich dem Braten noch nicht. Goldy ausgeglichen? NIEMALS! Ich wusste, dass die kalten Wintermonate bevorstanden und diese waren bisher der reine Höllentrip.
Nun sind wir Ende Januar und Goldy blieb ausgeglichen. Erst jetzt traue ich dem Frieden. Es ist absolut klar, dass ich uns bis dahin gar keine Chance auf naive Friede-Freude-Eierkuchen-Leben gab. Ich glaube, dass wir einen guten Schritt am Leib haben werden. In unseren schwierigen Zeiten habe ich immer Rücksicht auf sein Wohlbefinden genommen und nie meine Bedürfnisse über seine gestellt. Wir müssen beide wieder das unbeschwerte Zusammensein lernen, weil ich mir damals jeden einzelnen Tag Sorgen gemacht habe über sein Wohlbefinden.
Dieses Foto ist ein Einblick in unsere momentane Arbeit. Meine Körperstrahlung zeigt Unsicherheit über seine mögliche Reaktion. Ein flach liegendes Pferd zeigt mit jeder Zelle seines Körpers tiefstes Vertrauen in den Menschen. Als Goldy da lag ergriff mich eine emotionale Welle der Gefühle. Mir wurde bewusst, dass wir gemeinsam Unmögliches möglich gemacht haben. Goldy hat mein Leben als Trainerin sowie Mensch geprägt. Er lehrte mir die innere Ruhe zu bewahren. Er lehrte mir die Kommunikation von Pferden, welche ihre Probleme zu verbergen versuchen. Kein Pferd fühlte meine Emotionen derartig mit wie er. Es gibt Pferde, welche jede menschliche Schwäche hinnehmen und akzeptieren – nur aus dem Grund der Verlustangst. Er mutierte zum reizempfindlichen Zappelfloh anstatt mir klar und deutlich zu zeigen, dass er Schmerzen hat. Goldy möchte bis dato ein Sportpferd sein, welches sich jeder Herausforderung stellt und doch lebt er in einem dazu unpassenden Körper. Ich habe sein Wesen in jeder Hinsicht akzeptiert und lieben gelernt und nun liegt es an mir, dass auch er es zu schätzen lernt.
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