Foto von Chiara Brülisauer
Nach gut über einem Jahr der definitiven Trennung von Welldone und Cameron fand ein neues Pferd einen Platz bei uns. Obwohl ich bestimmt zehn Pferde probegeritten habe, war ich nach all den Eskapaden noch nicht bereit, mich einem neuen Pferd intensiv zu widmen. Welldone und Cameron mussten frühzeitig in Rente und Riverbank verliess uns viel zu früh von dieser Erde. Schlussendlich musste ich mich für das Wohl unserer Pferde entscheiden und den bestmöglichen Endplatz für sie suchen. Dieser fand ich auf einer Altersweide im Jura, in einer Herde mit über 80 Pferden. Mein Trennungsschmerz linderte Goldy, welchen wir damals schon seit über zwei Jahren zu unserer Pferdefamilie zählten.
Obwohl ich mich wieder nach der Aufgabe eines Reitpferdes sehnte, welches ich hegen und pflegen konnte, war ich wohl noch nicht soweit. Bei jedem Probereiten hatte ich unzählige Sachen auszusetzen und empfand einfach nicht das erwartete Bauchgefühl. Somit liess ich dieses Vorhaben ruhen und fokussierte mich auf Goldys Ausbildung zum Reitpferd. Ich vermisste die guten sowie die schwierigen Zeiten mit Cameron und Welldone. Ich stecke unheimlich viel Herzblut in sie und konnte unsere gemeinsame Zeit viel zu wenig lange auskosten.
Dann kam der Tag des Schicksals. Unvorhergesehen und mit voller Wucht veränderte es mein Leben und erfüllte es wieder mit Pferdeliebe von dem einen auf den anderen Tag. Meine Mutter und ich waren an einem Springturnier und sprachen mit einer guten Bekannten, welche mir in den letzten Wochen das Reiten auf ihren Pferden ermöglichte. Sie hatte diesen einen quirligen Wallach, mit einem rotgoldenen Fell und sensiblen Charakter. Es kam zur Sprache, dass sie für ihn einen neuen Platz suchte und er voraussichtlich in den nächsten Tagen ihren Stall verlassen werde. Meine Augen wurden gross, der Mund trocken und ich platzte heraus; «Dir ist klar, dass bei mir noch einen Platz frei wäre?» Ihr Gesicht erhellte sich so plötzlich, wie diese Nachricht ankam und klopfte mir auf die Schultern. «Laura, dann bringe ich ihn dir Morgen!», sagte sie hellauf begeistert, «bei dir wird er den wohl schönsten Endplatz finden, den ich mir wünschen kann.»
Und so geschah es, unerwartet und mit grösster Präzision mitten ins Herz getroffen. Bello. Ein Wallach, welcher eine unheimlich tiefgründige Seele hat. Mit seinem selbstbewussten, schönen und zugleich sehr unsicheren Wesen steht er nun an meiner Seite. Mit seinen 12 Jahren hat er sein Springtalent bis zur Europameisterschaft beweisen können und darf nun mein Wegbegleiter sein. Er gehört zu diesen Pferden, welche einen anpassungsfähigen Reiter brauchen. Ebenfalls muss er durch seine Unsicherheit eine enge Bindung zum Menschen aufbauen können, an welcher wir gemeinsam arbeiten.
Mein wichtigster Punkt war immer, dass mich mein neues Pferd äusserlich nicht an Welldone erinnern darf. Aber eben, das Schicksal meinte es wohl anders mit mir und machte mir einen Strich durch die Rechnung. Nicht nur das rotgoldene Fell, sondern auch die gleichen drei weissen Stiefel und breite Blesse teilt er mit Welldone. Nur ist Bello ein ganzes Stück kleiner und blütiger im Aussehen, aber dennoch schmerzte mir seinen Anblick die ersten Wochen.
Bello war immer ein Pferd voller Elan und nicht schwindender Energie. Meiner Meinung nach fand er nie seine innere Ruhe. Ein typisches Pferd, welches nicht für den grossen Sport gemacht ist. Dennoch war und ist er wahrgewordener Traum zum Reiten! Seine ehemalige Besitzerin arbeitete nicht nur springtechnisch mit ihm, sondern war auch in der Dressur und im Gelände fleissig unterwegs. Ebenfalls merkte man in seinem fairen Umgang mit dem Menschen, dass er nie schlecht behandelt wurde. Somit mein erstes Pferd, dass durch kein Trauma des Vertrauens zum Menschen geschädigt wurde. Nach gut zwei Wochen legte sich Bellos innere Unruhe komplett und er wurde ruhiger als jedes wohl erdenkliche Faultier. Natürlich ist nicht alles so perfekt wie es sich jetzt herausliest. Er fordert mich reiterlich enorm. Da er immer eine unheimlich gute Reiterin auf dem Rücken hatte und ich mein reiterliches Können grösstenteils verlor, durch die Pferde-Pause, forderte er mich in vielen Situationen heraus. Die ersten Dressurstunden und Geländeritte waren mehr pfui als hui. Daher musste ich innerhalb kurzer Zeit einem sehr gut ausgebildeten Pferd gerecht werden können. Mittlerweile ist er über zwei Monate bei uns und hat sich prächtig entwickelt. Wir lernen gemeinsam und voneinander tagtäglich essentielle Werte im Umgang miteinander. Reittechnisch hat er mich wieder weit nach vorne bringen können und das gleiche Versuche ich ihm bei der Bodenarbeit mitzugeben. Momentan arbeite ich vor allem im spassigen Bereich mit ihm, dass er in Zukunft jeden Tag in jeder Sparte des Pferdesports motiviert mit mir mitarbeiten wird. Unsere grösste Baustelle ist das Gelände, da er gerne mal umdreht oder den Rückwärtsgang einlegt. Aber daran arbeiten wir jetzt und ich bin mir sicher, dass dieses Problem bald der Vergangenheit angehören wird.
Zum Abschluss eine kurze Danksagung an Bellos ehemalige Besitzerin.
Liebe A.
Du hast mir mit Bello einen grossen Traum ermöglicht. Nicht nur von seinem Vermögen her, sondern auch für das Überwinden meines Tiefpunktes nach den vergangenen Jahren. Meine unermessliche Dankbarkeit ist schwer in Worte zu fassen, aber ich glaube mein strahlendes Lachen auf seinem Rücken spricht für sich. Ich weiss wirklich nicht, wie ich solch ein Pferd verdient habe! Ich glaube wirklich, wir haben uns gesucht und gefunden.
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