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Musterschüler & Problemkind

Mittlerweile habe ich so einiges an Pferdecharakteren in meinem Leben gehabt. Die einen schwieriger und die anderen einfacher. Momentan habe ich einen Bello und Goldy im Stall. Zwei Pferde unterschiedlich wie Tag und Nacht. Himmel und Hölle. Pantoffeln und High Heels. Sommerbrise und Sturm. Einfach unglaublich unterschiedlich. Versteht mich nicht falsch – ich liebe beide Pferde. Nur brauche ich bei Goldy Nerven aus Stahl. Bello kann auch anstrengend sein, aber meistens ist er einfach nur mein Ruhepol. Was mir immer mehr auffällt ist, dass ich als Besitzerin von Goldy «anecke». Mit Bello bin ich immer überall willkommen. Dabei überlege ich mir, weshalb dies so ist. Mit Bello sowie Goldy bin ich der gleiche Mensch. Sie werden gleich streng erzogen. Werden gleich trainiert. Werden gleich geliebt. Der Unterschied dabei ist einfach mein Pferd. Der eine als Musterschüler und der andere als aufmüpfiger Teenie. 

Bello kann ich longieren oder reiten neben bockenden Pferden. Er zuckt höchstens Mal kurz mit den Flauscheöhrchen. Ist sich aber zu Schade, um dafür Energie zu verschwenden. Bello ist ein in sich stabiles und ausgeglichenes Pferd. Er weiss, wie der Hase läuft. In jucken andere Pferde oder Menschen nicht. 

Im Gegensatz dazu ist Goldy ein hyperaktiver Gummiball. Egal wo – egal wann – alles ist interessant und lustig. Jede Mücke ist für ihn spannend. Je nach Verfassung sucht er regelrecht nach einem Grund, um zu explodieren. Ich kenne Goldy. Viele sehen uns aber nur von aussen. Er scheint unerzogen und wild. Als würde er nur in der Boxe stehen. In den Jahren mit Goldy an meiner Seite habe ich viele Reaktion von Pferdemenschen erlebt. Einige sprechen mich auf sein Energieniveau an und dann spreche ich mit ihnen über Goldy. Sie geben uns beiden die Chancen, dass wir uns erklären dürfen. Hier erwähne ich immer Goldys PSSM, welches uns das «Auslasten» schwierig macht. Wir können nicht einfach 30min galoppieren gehen. Können nicht locker flockig Dressur- oder Springreiten. Können nicht 2h flott über Stock und Stein. Ich muss jede Woche kreativ mit ihm sein. Muss ihn mental sowie körperlich auslasten ohne ihn muskulär zu überfordern. Ich kann nicht 20min traben. Ich kann nicht ein paar Runden mit ihm galoppieren. Danach liegt er im Stall oder koppt vor Schmerzen. Doch der Punkt ist, dass er eigentlich ein «Sportpferd» ist. Er wäre geboren für das Reining. Dieses Leistungsblut fliesst durch seine Adern. Sein Geist will und sein Körper kann nicht. Auf der Weide darf er sein inneres Feuerwerk explodieren lassen. An der Longe versuche ich Wunderkerzen anstatt Feuerwerk zuzulassen. 

Wisst ihr was? Es ist schwierig. Für ihn sowie für mich. Nicht jeder Mensch oder jedes Pferd passt ins Raster. Manchmal habe ich es so satt immer wieder für Goldy einstehen zu müssen. Dabei stehe ich Tag für Tag als schwarzer Peter da. Schlussendlich hat weder Goldy noch ich Schuld an seinem Gendeffekt. Schlussendlich ist Goldy unheimlich gut erzogen. Dennoch ist meine Philosophie, dass meine Pferde nicht zur Marionette erzogen werden. Sie hören mir aufs Wort. Trotzdem dürfen sie mit mir diskutieren. Sie dürfen jeden Tag ihre Emotionen rauslassen. Mit Goldy komme ich genau aus diesem Grund so gut klar. Ich habe ihm einen Weg gezeigt seine Energie loszuwerden, ohne mir gefährlich zu werden. Für viele Pferdemenschen ist dieser Weg vielleicht unverständlich. Ein Pferd bockt neben einem? Steigt aus Übermut an der Hand? Ja er darf das. Solange er mir NIEMALS zu nahekommt. Ich beachte es mittlerweile gar nicht mehr, weil es oft nur Sekunden sind. Manchmal kommt es einfach über ihn. Eine Welle der Euphorie. Ein mit Energie geladener Blitzschlag. Es gibt Tage da muss ich eingreifen, weil er die Grenzen überschreitet. Doch können wir von uns behaupten, dass Goldy trotz hysterischer Ekstase immer kontrollierbar ist. Jede Person mit nur einem halb so lebhaften Pferd, weiss wie schwierig das ist. 

Genau aus diesen Gründen treffen mich die verärgerten oder verständnislosen Blicke. Weil schlussendlich ich die Person bin, welche ein solches Pferd nicht verkauft. Ich bin die Person, welche ihren Arsch aufreisst für ein solches Pferd. Auch ich wünschte mir ein Tick mehr Ruhe für uns beide. Wünschte, dass er nicht unter dieser Erkrankung leiden muss. 

Ich wünsche mir mehr offene Gespräche. Wünsche mir anstatt Blicke zu bemerken, lieber Worte zu hören. Diskussionen oder simple Gespräche zu führen über das warum, wieso oder weshalb. Schlussendlich ist Goldy wie er ist. Wir alle können nichts daran ändern. 

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